Zahnfleisch­behandlung

a) Parodontose / Parodontitis

Die Parodontitis (PA) ist eine bakteriell bedingte Entzündung, die sich in Abhängigkeit des Schweregrades auch in einer irreversiblen Zerstörung des Zahnhalteapparats (Parodontium) zeigen kann. Umgangssprachlich wird von der Parodontose gesprochen. Gingivitis ist eine Entzündung des Zahnhalteapparats, aus der sich eine Parodontitis entwickeln kann. Erste Anzeichen für eine Entzündung sind Rötung, Schwellung und Zahnfleischbluten.

SYMPTOME FÜR PARODONTITIS UND GINGIVITIS

Die Parodontitis wird – wie die Gingivitis – durch bakteriellen Zahnbelag ausgelöst. Hauptunterscheidungsmerkmal der beiden Erkrankungen: Parodontitis ist vorhandener, röntgenologisch nachweisbarer Knochenabbau; bei der Zahnfleischentzündung (Gingivitis) entstehen die vertieften Zahnfleischtaschen durch die entzündliche Schwellung der Gingiva. Eine lang andauernde Zahnfleischentzündung kann auf den Kieferknochen, die Wurzelhaut und das Zement übergreifen. Der Übergang ist jedoch nicht zwangsläufig. Sowohl bei der Gingivitis als auch bei der Parodontitis werden aus dem Biofilm bakterielle Stoffwechsel- und Zerfallsprodukte freigesetzt, die eine Abwehrreaktion des Körpers auslösen. Die Hauptrolle bei der Gewebszerstörung spielt also das eigene Immunsystem, das versucht, die Bakterien zu beseitigen. Dabei werden u.a. Enzyme gebildet, die Bakterien zerstören sollen – die jedoch eine Zerstörung von Eigengewebe mit sich bringen. Das führt letztlich zum Verlust von Bindegewebe und Knochen. Die Folgen sind Zahnfleischbluten, Taschenbildung, das Zurückgehen des Zahnfleisches und schließlich Lockerung oder sogar Verlust der Zähne.

1. Gesundes Zahnfleisch
2. Zahnschmelz
3. Normale Knochenhöhe
4. Freiliegender Zahnhals
5. Plaque & Zahnstein
6. Zahnfleischentzündung

WIRKSAME BEHANDLUNG VON PARODONTITIS

Ziel der Behandlung ist es, den Entzündungszustand des Zahnfleisches und des Zahnhalteapparats zu beseitigen sowie Plaque, Zahnstein und die krank machende Bakterienflora zu beseitigen. Die Behandlung gliedert sich je nach Schweregrad der Erkrankung in verschiedene Phasen mit unterschiedlichen Maßnahmen. In der sogenannten Hygienephase werden alle oberhalb des Zahnfleischrands gelegenen harten und weichen Beläge mittels PZR entfernt. Dazu können mehrere Sitzungen notwendig sein. Außerdem müssen in dieser Phase bei Bedarf Zahn- und Wurzelfüllungen gelegt oder erneuert und nicht zu erhaltende Zähne entfernt werden. Allein durch diese Hygienemaßnahmen kann bei vielen Patienten schon eine merkliche Besserung erreicht werden.

Im Anschluss daran beginnt die „geschlossene Behandlungsphase“, bei der die unterhalb des Zahnfleischrands liegenden harten und weichen Beläge schabend entfernt werden. Dies geschieht mit speziell geformten Handinstrumenten sowie schall- und ultraschallbetriebenen Geräten. Nach 2 bis 3 Wochen Heilungszeit wird das Ergebnis dieser Behandlung kontrolliert. Falls notwendig, wird sie an einzelnen Stellen wiederholt.

ZAHNFLEISCHTASCHEN UND PARODONTITIS

Bei sehr tiefen Zahnfleischtaschen (über 5 Millimeter), die durch die Hygienemaßnahmen und die geschlossene Behandlung nicht ausreichend zurückgegangen sind, kann es notwendig sein, in die offene Behandlungsphase überzugehen. Unter Betäubung werden dabei die erkrankten Bereiche chirurgisch geöffnet, das Zahnfleisch wird zurückgelegt und die entzündeten Knochen- und Zahnbereiche werden gereinigt. Anschließend wird das Zahnfleisch mikrochirurgisch vernäht. Zusätzlich ist es möglich, gesäuberte Knochentaschen mit Knochenersatzmaterialien aufzufüllen, mit Membranen abzudecken oder mit Schmelzmatrix-Protein-Gel zur Regeneration anzuregen. Die moderne regenerative Parodontaltherapie zielt durch chirurgische Maßnahmen auf eine Regeneration (Neubildung) des parodontalen Gewebes. Dies sind Verfahren, die unter dem Begriff der „gesteuerten Geweberegeneration“ (GTR) zusammengefasst werden. Durch verschiedene Methoden, zum Beispiel der Verwendung von bioaktivem Knochenersatzmaterial, Membrantechnik oder Wachstumsproteinen, kann geschädigtes Gewebe wieder regeneriert werden.

Die 5 krankmachenden, parodontalen Hauptbakterien werden verschieden therapiert: Bei 3 Typen genügt eine Kürettage, bei den beiden anderen müssen zusätzlich Antibiotika verabreicht werden. Je nach Anzahl der Knochendefekte können diese in Tablettenform (systemisch) gegeben oder direkt in die Zahnfleischtasche eingebracht werden (lokal). In beiden Fällen ist es von Vorteil, vorher eine Keimbestimmung durchzuführen. Es ist jedoch sinnlos, die Infektion mit Antibiotika zu therapieren, ohne die Zähne vorher zu reinigen. Denn die Bakterien sind in ihrem Biofilm vor der Einwirkung des antibiotischen Medikaments fast vollkommen geschützt. Eine weitere lokale Behandlungsmethode ist das direkte Einbringen eines antiseptischen Chips aus Chlorhexidin in die Zahnfleischtasche. Dieser sorgt für eine nachhaltige Keimfreiheit in der entzündeten Zahnfleischtasche und baut sich biologisch von selbst ab.

PROGNOSE

Rechtzeitig und richtig behandelt, kann eine Parodontitis fast immer geheilt werden. Allerdings ist diese Behandlung zum Teil sehr langwierig und immer stark von der Mitarbeit des Patienten abhängig. Jeder Betroffene muss sich darüber im Klaren sein, dass eine erneute Entzündung grundsätzlich möglich ist. Darum sind auch nach Beendigung der eigentlichen Therapie regelmäßige Nachsorge und professionelle Zahnreinigung im Abstand von 3 Monaten notwendig.

b) Freiliegende Zahnhälse / Rezessionsdeckung / Zahnfleischaufbau

Wenn einzelne Zahnhälse freiliegen, ist dies meist die Folge von falscher, zu aggressiver Zahnpflege oder Fehlbelastungen der Zähne, zum Beispiel durch Knirschen. Manchmal kann auch eine schlecht sitzende Krone die Ursache sein. Das Zahnfleisch weicht an den Außenflächen der Zähne zurück und lässt diese optisch länger wirken. Zudem sind die betroffenen Zähne oft heiß/kalt-empfindlich, und an der freiliegenden Wurzel kann sich leicht eine Karies bilden.

BEHANDLUNG FREILIEGENDER ZAHNHÄLSE

Nach Beseitigung der Ursachen für den Zahnfleischrückgang können die Zahnhälse mit mikrochirurgischen Techniken wieder gedeckt werden, durch Verschiebung des umliegenden Zahnfleisches oder mit einem Zahnfleischtransplantat. Als körpereigenes Transplantat wird dabei ein Streifen von Zahnfleisch aus dem Gaumenbereich entnommen. Dies ist nicht schmerzhafter als eine Verbrennung am Gaumen durch eine zu heiß gegessene Pizza. Die Entnahmestelle am Gaumen ist nach einer Woche verheilt. Verwendet man zusätzlich Schmelz-Matrix-Proteine (Emdogain), ermöglichen diese eine echte Regeneration von verloren gegangenem Zahnfleisch. Emdogain besteht aus verschiedenen Proteinen, die sich zu einer Matrix vereinigen und die Bildung von körpereigenem Wurzelzement anregen. Zusätzlich hat Emdogain auch eine positive Wirkung auf die Heilung.

ZAHNFLEISCHRÜCKGANG: NACH DER BEHANDLUNG

Zunächst darf der betroffene Bereich nicht mit der Zahnbürste gereinigt werden – er wird bei den Kontrollterminen in der Praxis professionell gesäubert. In den ersten drei Tagen können Schwellungen auftreten, die nach etwa einer Woche wieder abgeklungen sind. Blutergüsse sind nach einem Zeitraum von etwa 10 Tagen meist nicht mehr zu erkennen. Ein leichter Schmerz, der gut mit Medikamenten abgedeckt werden kann, ist in den ersten Tagen nach dem Eingriff spürbar. Auch das Kühlen der behandelten Stelle bringt Linderung. Beim Schlafen sollten Kopf und Oberkörper erhöht gelagert werden. In den Tagen nach der Behandlung sollten Sport, körperliche Anstrengung, Rauchen, koffeinhaltige Getränke, Alkohol sowie Milchprodukte und körnerhaltige Lebensmittel vermieden werden. Nach einer Rezessionsdeckung kann auf lange Sicht eine Wurzeldeckung von im Durchschnitt 90 Prozent erreicht werden.

RISIKOFAKTOREN FÜR PARODONTITIS (PARODONTOSE)

Obwohl das Immunsystem und bestimmte Bakterien die Hauptrolle bei der Entstehung einer Parodontitis spielen, gibt es einige Risikofaktoren, die ihre Entstehung beeinflussen:
• schlechte oder falsche Mundhygiene
• genetische Prädisposition
• Tabakkonsum. Raucher haben verglichen mit Nichtrauchern ein 4- bis 6-fach erhöhtes Risiko, eine Parodontitis zu entwickeln.
• Diabetes mellitus (insbesondere wenn der Blutzuckerspiegel schlecht eingestellt ist)
• Schwangerschaft. Durch Hormonumstellung lockert das Bindegewebe auf, das Zahnfleisch schwillt an und Bakterien können vordringen.
• offene Zahnkaries
• Mundatmung
• Bruxismus (zumeist stressbedingtes Zähneknirschen)
• unausgewogene Ernährung

ZUSAMMENHANG VON PARODONTITIS UND DIABETES

Die Parodontitis beeinflusst systemische Erkrankungen wie Diabetes oder chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch ein Zusammenhang von Parodontitis und der Gefäßerkrankung Arthritis wird diskutiert. Ein Zusammenhang zwischen Zahnfleischerkrankungen und dem erhöhten Risiko von Frühgeburten (bzw. Neugeborene mit unterdurchschnittlichem Geburtsgewicht) wird durch Studien belegt: Es ist fast achtmal höher als bei Frauen mit gesunden Zähnen und Zahnfleisch.

RISIKO DER PARODONTITISBEHANDLUNG

Wie bei jeder Operation besteht das Risiko einer Wundinfektion. Leichte Schmerzen, eine Schwellung und minimale Blutungen sind bis zum dritten Tag normal.

NACH DER PARODONTITIS-BEHANDLUNG

Lässt die örtliche Betäubung nach, spüren Patienten meist ein leichtes Ziehen in der behandelten Region. Für die Zeit nach der Behandlung verschreibt der Arzt entzündungshemmende Schmerztabletten, eine antibakterielle Mundspülung mit Chlorhexidin und eventuell Antibiotika für 5 bis 8 Tage. Bis zum dritten Tag kann eine leichte Schwellung und eine Bluterguss auftreten. Das Zähneputzen in der behandelten Region ist zu vermeiden. Es ist normal, dass die Wunde in den ersten Tagen etwas nachblutet. Beim Schlafen sollten Patienten den Kopf also möglichst hoch lagern. Nach 8 bis 10 Tagen werden die Fäden entfernt.

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