Künstliches Schultergelenk

Das Schultergelenk

Das Schultergelenk niummt im menschlichen Körper eine Sonderstellung ein: Es gewährt den größten Bewegungsumfang aller Gelenke. Dazu paart sich ein kugeliger Gelenkkopf am oberen Ende des Oberarms mit einer vergleichsweise flachen Pfanne am Schulterblatt.

Um gleichermaßen Beweglichkeit und Stabilität zu gewährleisten und den Oberarmkopf sicher in der Gelenkpfanne zu zentrieren, verfügt das Gelenk über verschiedene Mechanismen:

– die umgebende Muskelmanschette,

– eine knorpelige Gelenklippe sowie

– einen (antmosphärischen) Unterdruck im Gelenk.



Ein Schultergelenk funktioniert dauerhaft nur dann einwandfrei, wenn sich alle Komponenten in einem guten Funktionszustand befinden.

Verletzungen wie ein Knochenbruch oder eine Verrenkung des Schultergelkenks können langfristig zu Folgeschäden führen und damit ein künstliches Gelenk notwendig machen. Aber auch der moderne, bewegungsarme Lebensstil hat Folgen für die Funktion der Schulter. Häufiges Sitzen führt zu einer Fehlhaltung des Oberkörpers und verändert so die Spannungsverhältnisse der Muskulatur des Schultergürtels.

Modelle

Für den teilweisen oder vollständigen Ersatz des Schultergelenks kommen verschiedene Systeme infrage. Sowohl der Teilersatz (Hemiprothese, nur die Gelenkfläche des Oberarmkopfes) als auch die Totalendoprothese (TEP) mit Kopf und Pfanne haben ihre bewährten Einsatzbereiche. Die Wahl der Prothese ist neben den Gelenkschäden auch abhängig vom Zustand des umliegenden Gewebes (Rotatorenmanschette), dem Alter des Patienten und der Knochenqualität.

Totalendoprothese (TEP)

Bei der Schulter-TEP verwenden die Orthopäden einerseits anatomische Systeme. Kopf und Pfanne werden hier ersetzt, wenn beide Gelenkflächen stark in Mitleidenschaft gezogen sind. Die Muskulatur, d. h. die Rotatorenmanschette, muss für diese Prothese intakt sein. Weil lange Prothesenschäfte den späteren Wechsel einer Prothese verkomplizieren, geht der Trend dahin, kürzere Schäfte zu verwenden.

Zahlenmäßig dominieren bei den älteren Patienten – und diese Patientenaltersgruppe ist die größte – die inversen Systeme, eine Besonderheit der Schulterendoprothetik. Hier werden Kopf und Pfanne „vertauscht“. Der Kopf wird am Schulterblatt und die Pfanne am Oberarm fixiert. Damit orientiert sich dieser Schulterprothesentyp am Schadensbild und nicht an der ursprünglichen Anatomie der Schulter. Die Ergebnisse dieser OPs sind gut, auch wenn die Arthrose bereits fortgeschritten oder die umgebende Muskelmanschette des Schultergelenks nicht mehr intakt ist.

Außerdem verwenden Orthopäden spezielle Frakturprothesen, beispielsweise wenn es nicht gelungen ist, das Schultergelenk bei einem komplizierten Oberarmbruch aus den Fragmenten zu rekonstruieren.

Teilprothese

Bei der Implantation einer Hemi- oder Teilprothese werden wesentliche Teile des Gelenks geschont: Die Pfanne bleibt erhalten, die gelenkumgreifende Muskulatur unversehrt. Das ermöglicht eine frühe Rehabilitation, bei der alltägliche Bewegungen wieder eingeübt werden können. Mittlerweile gibt es sogenannte Cup-Prothesen, die komplett ohne Schaft auskommen und lediglichdie Gelenkoberfläche ersetzen. Die Cup-Prothese wird im Oberarmkopf verschraubt. Neben dem alleinigen Ersatz der Oberarmgelenkfläche kann sie auch mit einer Prothese der Gelenkpfanne der Schulter verbunden werden.

Zement oder zementfrei

Prothesen werden zementiert, unzementiert („press-fit“, einwachsend) und/oder verschraubt implantiert. Die Wahl der Befestigung ist unter anderem von der Knochenqualität anhängig.

Wenn möglich, strebt der Operateur eine zementfreie Fixierung der Prothese an. Der Vorteil besteht darin, dass außer der Prothese kein Fremdmaterial verwendet werden muss. Die Oberflächen der zementfreien Prothesen sind leicht angeraut und regen dadurch den Knochen zum Wachsen an. Die Verbindung zwischen Knochen und Prothese ist natürlicher als beim Einsatz von Zement. Bei der inversen Prothese wird der neue Gelenkkopf immer zementfrei implantiert (verschraubt). Auch kleine Prothesen wie die Cup-Prothese benötigen keinen Zement.

Für das Verfahren der zementfreien Fixierung muss die Qualität des Knochens gut sein. Wenn durch Osteoporose oder Nekrose die Knochendichte und -festigkeit herabgesetzt sind, wird der Operateur die Prothese zementieren. Al Knochenzement wir ein sp0ezielles Zwei-Komponenten-Acrylharz verwendet.

Operativer Zugangsweg

Bei den meisten Schulterprothesen-Implantationen wird ein etwa zehn Zentimeter langer Schnitt im vorderen Bereich der Schulter gesetzt – oft zwischen dem Deltamuskel (außen) und dem großen Brustmuskel (innen). Seltener nutzt der Operateur seitliche Zugänge, bei denen er den großen Schulter- oder Deltamuskel eröffnet („Delta-Split“).

Minimalinvasiver Eingriff

In vielen Bereichen der Chirurgie haben sich mittlerweile minimalinvasive Eingriffe mit der „Schlüssellochchirurgie“ durchgesetzt. In der Endoprothetik ist es u. a. das erklärte Ziel, das Gewebe so wenig wie möglich zu traumatisieren. Auch unter kosmetischen Aspekten sind minimalinvasive Zugänge am Schultergelenk nicht ganz unerheblich. Bei der Einbringung von Prothesen sind dem Operateur bei der Verwendung minimalinvasiver Zugänge allerdings Grenzen gesetzt: Er muss die Gelenkteile vollständig einsehen und gegebenenfalls komplett entfernen können. Ausschließlich minimalinvasive Techniken sind an der Schulter daher dem Teilersatz des Gelenks vorbehalten. Dessen ungeachtet hat die verbesserte chirurgische Technik zu kleineren Zugangswegen geführt. Dadurch schont der Operateur die Muskeln, Sehnen, Knorpelflächen und Knochen der Schulter und geht so wenig traumatisierend wie möglich vor. Gewisse Schritte sind jedoch mitunter unvermeidbar: So muss bei den größeren Prothesen (Hemiprothese, TEP, inverse Prothese) die Rotatorenmanschette teilweise durchtrennt und anschließend wieder vernäht werden.

Der Eingriff

Der Eingriff findet normalerweise in Vollnarkose statt. Eine Rückenmarksbetäubung, bei welcher der Patient wach bleibt, ist auf Wunsch oder bei bestimmten Begleiterkrankungen möglich. Zunächst wird der Patient in halbsitzender Position („Beach-Chair-Lagerung“) gelagert. Die Haut wird desinfiziert und abhängig von der verwendeten Prothese der Schnitt gesetzt. Um den Blick auf das Gelenk zu erhalten, muss der Chirurg Muskulatur durchtrennen. Dabei geht er schonend vor und schützt das umliegende Gewebe. Anschließend bereitet er das Knochengelenk auf die Implantation der Prothese vor. Bei der Implantation selbst ist es für das Gewebe vorteilhaft, dass die meisten Schulterprothesen modular aufgebaut sind. Dadurch kann der Zugang für die einzelnen Bestandteile möglichst klein gehalten werden. Außerdem lassen sich so auch nur einzelne Teile der Prothese austauschen. Nach dem Einbringen wird noch im Operationssaal die Prothese auf festen, korrekten Sitz und das Schultergelenk auf Beweglichkeit geprüft. In 80 bis 90 Prozent der Fälle führt die Schulterprothese zu einer schmerzfreien Funktion und einer guten, für das Alltagsleben ausreichenden Beweglichkeit.

Navigationssysteme in der Schulterendoprothetik

Entscheidend für ein langfristig zufriedenstellendes Ergebnis bei der Implantation einer Schulterprothese ist der richtige Sitz. Das Schultergelenk mit seinem großen Bewegungsumfang stellt hier besondere Herausforderungen an den Operateur. Die perfekte Position der Prothesenteile wird deshalb bei jedem Patienten individuell eingestellt. Im Zuge der Entwicklung der Schulterendoprothetik hat sich die Implantationstechnik immer weiter verfeinert, sodass heute allein dadurch frühere Lockerungsursachen vermieden werden. Moderne dreidimensionale Navigationssysteme können dem Operateur die Orientierung im OP-Gebiet an der Schulter erleichtern und für einen genaueren Sitz der Prothesen sorgen.

Risiken

Das renommierte Fachjournal Lancet bezeichnete im Jahr 2007 den Gelenkersatz als die „Operation des 21. Jahrhunderts“. Mittlerweile halten Prothesen durchschnittlich ca. 15 bis 20 Jahre, oft auch länger. Stetig klettern diese Zahlen weiter nach oben: So stieg allein zwischen 1993 und 2003 der Anteil der Hüftgelenksendoprothesen, die nach 10 Jahren noch gut funktionierten, von 92 auf 95 Prozent. Neben der Haltbarkeit der Prothese ist für die langfristige Erfolgsbewertung eines künstlichen Gelenks die Kenntnis möglicher Komplikationen interessant. Zu den schwerwiegendsten Risiken einer Gelenkersatzoperation zählen Infektionen (früh, spät; oberflächlich, tief), die Bildung von Blutgerinnseln in einer Beinvene (Thrombose, ggf. Embolie) und sogenannte aseptische Prothesenlockerungen (ohne Infekt).

Entscheidend für die Prognose im Einzelfall ist das möglichst frühzeitige Erkennen einer Komplikation und deren unmittelbar einsetzende, angemessene Behandlung. Infektionen machen eine Behandlung mit ggf. speziell ausgewählten Antibiotika erforderlich. Bei tief liegenden Infektionen kann der teilweise oder vollständige Ausbau der Prothese nötig werden (s. u.). Thrombosen werden mit Ultraschalluntersuchungen der Blutgefäße erkannt und mit Medikamenten behandelt, welche die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herabsetzen. Jährlich werden in Deutschland etwa 24.000 künstliche Hüft- und rund 16.000 künstliche Kniegelenke ausgewechselt. Etwa in der Hälfte der Fälle liegt eine Infektion zugrunde, darüber hinaus sind aseptische Lockerungen (Lockerung ohne Infektion) und andere mechanische Ursachen für den Prothesenwechsel verantwortlich. Die DGOOC (Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie) hat Operationszentren zertifiziert (www.endocert.de), die garantieren, dass erfahrene Operateure alle Eingriffe betreuen, sämtliche Arbeitsschritte dokumentiert werden und das Personal regelmäßig geschult wird. Die Fallzahlen dieser Zentren sind öffentlich zugänglich.

Für ein besseres Ergebnis

Nach einem künstlichen Gelenkersatz sollte die schmerzfreie Bewegung möglichst ohne Gehhilfen nach sechs bis acht Wochen, spätestens nach drei Monaten wieder möglich sein. Auch wohldosierte sportliche Aktivitäten stellen in den meisten Fällen kein Problem dar (Wandern, Walking, Golf, Radfahren, Schwimmen, Krafttraining etc.). Allerdings sind Kunstgelenke keine Sportgelenke und sollten mit Sorgfalt und Umsicht behandelt werden. Je besser dies gelingt, desto höher sind die Chancen, dass ein Kunstgelenk über viele Jahre und im besten Fall ein Leben lang hält. Moderne Hightech-Implantate und neue OP-Techniken helfen dabei. Sehr wesentlich mitentscheidend für den Behandlungserfolg sind insofern auch das Verhalten und der Lebensstil des Patienten. Gewichtskontrolle, Kraftaufbau, Koordinationsschulung (Gangbild) sowie Art und Umfang des täglichen Gebrauchs sind Faktoren, die allein in der Hand des Patienten liegen.

Prähabilitation

Auch die Vorbereitung auf eine Gelenkersatzoperation liegt nicht allein in den Händen der behandelnden Ärzte. Der Patient selbst kann schon vor dem Eingriff vieles tun, um dem Operateur die Arbeit zu erleichtern und ein besseres Ergebnis zu ermöglichen. Gewichtsabnahme, Muskelkräftigung, Gangtraining und die Optimierung von Herz-Kreislauf- und Stoffwechselwerten in Absprache mit dem Hausarzt sorgen für schnellere Operationen, kürzere Narkosezeit, weniger Komplikationen, eine kürzere und erfolgreichere Nachbehandlung sowie eine schnellere Genesung.

Rehabilitation

Eine mehrwöchige intensive Rehabilitation beginnt direkt im Anschluss an den Klinikaufenthalt (meist eine Woche nach der Operation). Sie soll einen kontinuierlichen Heilungsprozess und einen zielorientierten Aufbau der motorischen, aber auch kognitiven und psychischen Fähigkeiten des Patienten gewährleisten. Hier werden Schmerzen behandelt, die Wundheilung kontrolliert, die Muskulatur stabilisiert, die Koordination geschult und das Selbstbewusstsein wieder erarbeitet. Gesundheitszustand, häusliche Versorgung und mögliche Komplikationen entscheiden, ob ein Patient die Rehabilitation in stationärer (Aufenthalt in der Rehabilitations-klinik mit Vollversorgung und therapeutischen Anwendungen) oder ambulanter Form (zu Hause wohnen, Behandlungen in einer oder mehreren therapeutischen Praxen) durchführt. Den Antrag für die Rehabilitation übernimmt der Sozialdienst des Krankenhauses in Abstimmung mit Operateur und Patient, die Kosten trägt die Krankenversicherung.

Nach der Operation

An die OP schließt sich eine relativ lange Rehabilitationsphase an. Patienten sollten mit sechs Wochen weitgehender Ruhigstellung (Tragen einer Schulterorthese) und bis zu sechs Monaten rechnen, bis sie ihre Schulter wieder im gewohnten Umfang einsetzen können. Gründe für die Dauer sind der große Bewegungsumfang, der erreicht werden soll, und der zeitaufwendige Aufbau der Schultermuskulatur, die für die Gelenkführung so wichtig ist. Die Patienten tragen in der Regel für vier bis sechs Wochen eine Schulterorthese, in welcher der betroffene Arm in der sogenannten Neutralstellung – Oberarm senkrecht, leicht abgespreizt, Unterarm horizontal – fixiert ist. Mit der passiven, vom Fachmann ausgeführten physiotherapeutischen Nachbehandlung und Mobilisation des Schultergelenks wird am Tag nach der Operation begonnen. Dadurch werden Muskelaufbau, Koordination und Beweglichkeit im Schultergelenk frühzeitig gefördert. Damit die Nähte von Haut, Sehnen und Muskeln wirklich sicher ausheilen, sind aktive Bewegungen in den ersten sechs Wochen nach dem Eingriff untersagt, und auch der passive Bewegungsumfang ist begrenzt.
Im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt erfolgt eine drei- bis vierwöchige Anschlussheilbehandlung. Die Rehabilitation ist stationär oder ambulant möglich. Bei einer ambulanten Rehabilitation muss das soziale Umfeld des Patienten unterstützend eingreifen. Bei angelegter Orthese kann sich ein Schulterpatient beispielsweise nicht allein an- oder ausziehen, waschen oder Auto fahren. Die meisten alltäglichen Bewegungen wie Zähneputzen und Ankleiden sind etwa zwei Monate nach der Operation wieder möglich. Auch nach der Anschlussheilbehandlung sind das Fortführen der Krankengymnastik und das selbstständige Durchführen der erlernten Bewegungs- und Kräftigungsübungen zu Hause unabdingbar. Insbesondere der Aufbau einer funktionsfähigen und den Sitz der Prothese sichernden Schultermuskulatur nimmt viele Wochen in Anspruch, vor allem, wenn der Patient zuvor lange Zeit unter Schmerzen gelitten hat. Die Eigeninitiative der Patienten ist im gesamten Prozess gefordert, muss aber von Arzt und Therapeut angemessen dosiert werden. Viele Fitnessstudios bieten heute geeignete Trainingsgeräte an, die nach Abschluss der medizinischen Betreuung genutzt werden können und sollten. Dabei ist auf kompetente Betreuung durch das Personal zu achten.

Das Schultergelenk nimmt im menschlichen Körper eine Sonderstellung ein: Es gewährt den größten Bewegungsumfang aller Gelenke. Dazu paart sich ein kugeliger Gelenkkopf am oberen Ende des Oberarms mit einer vergleichs-weise flachen Pfanne am Schulterblatt. Um gleichermaßen Beweglichkeit und Stabilität zu gewährleisten und den Oberarmkopf sicher in der Gelenkpfanne zu zentrieren, verfügt das Gelenk über verschiedene Mechanismen:

• die umgebende Muskelmanschette,
• eine knorpelige Gelenklippe sowie
• einen (atmosphärischen) Unterdruck im Gelenk.

Ein Schultergelenk funktioniert dauerhaft nur dann einwandfrei, wenn sich alle Komponenten in einem guten Funktionszustand befinden. Verletzungen wie ein Knochenbruch oder eine Verrenkung des Schultergelenks können langfristig zu Folgeschäden führen und damit ein künstliches Gelenk notwendig machen. Aber auch der moderne, bewegungsarme Lebensstil hat Folgen für die Funktion der Schulter. Häufiges Sitzen führt zu einer Fehlhaltung des Oberkörpers und verändert so die Spannungsverhältnisse der Muskulatur des Schultergürtels. Häufig ist auch die Rotatorenmanschette als Zeichen einer Präarthrose defekt. In Deutschland liegt die Prävalenz dafür bei Männern jenseits des 70. Lebensjahres bei etwa 30 Prozent. Bei einer geschwächten Rotatorenmanschette tendiert der Oberarmkopf zum Hochstand. Dadurch ist der Weg bereitet für eine spätere Schultergelenksarthrose (Omarthrose). Je nach Ausprägung führt die Arthrose zu starken Schmerzen und massiven Einschränkungen der Bewegung, die das Alltagsleben beeinträchtigen. Selten machen Infektionen oder Tumore einen Ersatz des Schultergelenks notwendig. Erst im vergangenen Jahrzehnt ist die Endoprothetik der Schulter zum Routineeingriff geworden – später als Hüft- und Kniegelenk. Mittlerweile implantieren Spezialisten in Deutschland rund 60.000 Schulterendoprothesen jährlich, bei steigender Tendenz. Wie beim Ersatz der anderen großen Gelenke geht man davon aus, dass ein künstliches Schultergelenk etwa 15 Jahre hält.

Modelle

Für den teilweisen oder vollständigen Ersatz des Schultergelenks kommen verschiedene Systeme infrage. Sowohl der Teilgelenkersatz (Hemiprothese, nur die Gelenkfläche des Oberarmkopfes) als auch die Totalendoprothese (TEP) mit Kopf und Pfanne haben ihre bewährten Einsatzbereiche.
Die Wahl der Prothese ist neben den Gelenkschäden auch abhängig vom Zustand des umliegenden Gewebes (Rotatorenmanschette), dem Alter des Patienten und der Knochenqualität.

Totalendoprothese (TEP)

Bei den Schulter-TEP verwenden die Orthopäden einerseits anatomische Systeme. Kopf und Pfanne werden hier ersetzt, wenn beide Gelenkflächen stark in Mitleidenschaft gezogen sind. Die Muskulatur, d. h. die Rotatorenmanschette, muss für diese Prothese intakt sein. Weil lange Prothesenschäfte den späteren Wechsel einer Prothese verkomplizieren, geht der Trend dahin, kürzere Schäfte zu verwenden.

Zahlenmäßig dominieren bei den älteren Patienten – und diese Patientenaltersgruppe ist die größte – die inversen Systeme, eine Besonderheit der Schulterendoprothetik. Hier werden Kopf und Pfanne „vertauscht“. Der Kopf wird am Schulterblatt und die Pfanne am Oberarm fixiert. Damit orientiert sich dieser Schulterprothesentyp am Schadensbild und nicht an der ursprünglichen Anatomie der Schulter. Die Ergebnisse dieser OPs sind gut, auch wenn die Arthrose bereits fortgeschritten oder die umgebende Muskelmanschette des Schultergelenks nicht mehr intakt ist. Außerdem verwenden Orthopäden spezielle Frakturprothesen, beispielsweise wenn es nicht gelungen ist, das Schultergelenk bei einem komplizierten Oberarmbruch aus den Fragmenten zu rekonstruieren.

Teilprothese

Bei der Implantation einer Hemi- oder Teilprothese werden wesentliche Teile des Gelenks geschont: Die Pfanne bleibt erhalten, die gelenkumgreifende Muskulatur unversehrt. Das ermöglicht eine frühe Rehabilitation, bei der alltägliche Bewegungen wieder eingeübt werden können. Mittlerweile gibt es sogenannte Cup-Prothesen, die komplett ohne Schaft auskommen und lediglich die Gelenkoberfläche ersetzen. Die Cup-Prothese wird im Oberarmkopf verschraubt. Neben dem alleinigen Ersatz der Oberarmgelenkfläche kann sie auch mit einer Prothese der Gelenkpfanne der Schulter verbunden werden.

Zement oder zementfrei

Prothesen werden zementiert, unzementiert („press-fit“, einwachsend) und / oder verschraubt implantiert. Die Wahl der Befestigung ist unter anderem von der Knochenqualität abhängig. Wenn möglich, strebt der Operateur eine zementfreie Fixierung der Prothese an. Der Vorteil besteht darin, dass außer der Prothese kein Fremdmaterial verwendet werden muss. Die Oberflächen der zementfreien Prothesen sind leicht angeraut und regen dadurch den Knochen zum Wachsen an. Die Verbindung zwischen Knochen und Prothese ist natürlicher als beim Einsatz von Zement. Bei der inversen Prothese wird der neue Gelenkkopf immer zementfrei implantiert (verschraubt). Auch kleine Prothesen wie die Cup-Prothese benötigen keinen Zement. Für das Verfahren der zementfreien Fixierung muss die Qualität des Knochens gut sein. Wenn durch Osteoporose oder Nekrose die Knochendichte und -festigkeit herabgesetzt sind, wird der Operateur die Prothese zementieren. Als Knochenzement wird ein spezielles Zwei-Komponenten-Acrylharz verwendet.

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